Dienstag, 30. Oktober 2012

Adenauers Moskau Reise

"Ethisch und moralisch verwerflich", so ist ein Leserbrief vom 30.10.12 in der GZ überschrieben, der sich mit dem Artikel über eine Ratssitzung vom 18.10.12 unter dem Motto. "Nur Adenauers Moskau-Reise fehlt" befasst, in der Heinz Severitt Stellung zum Zukunftsvertrag bezog.
   Da der Leserbrief zu meiner Stellungnahme "Nachgetreten" vom 26.10.12 passt, gebe ich ihn hier im Wortlaut wieder:

Ethisch und moralisch verwerflich
   "Mit Befremden und Empörung haben wir den Artikel über die Ratssitzung gelesen. Aufreger für uns ist allerdings das Foto der grinsenden und einen Finger zeigenden Ratsherrn.
   In einer lenbendigen Demokratie müssen auch nicht komforme Meinungen geäußert werden dürfen. Man mag zu Herrn Severitts Äußerungen stehen wie man will. Keinesfalls hat er aber eine derartig verspottende, verhöhnende Demontage verdient. Sich auf Kosten eines anderen Menschen zu amüsieren, egal, was er zu sagen hat, finden wir ethisch und moralisch betrachtet verwerflich, von gutem Benehmen ganz zu schweigen. Und das in diesem hochkarätigem Forum. Welch ein Armutszeugnis.
   Von unserer Heimatzeitung erwarten wir eine absolut wertneutrale, kompetente Berichterstattung. Personen, welche auch immer, öffentlich und voller Häme der Lächerlichkeit preiszugeben, ist niveaulos , schlechter Stil. Wie heißt es so schön in Art. 1 unseres Grundgesetzes: "Die Würde das Menschen ist unantastbar. Die Veröffentlichung des Foros der lachenden Ratsherren wird dem nicht gerecht."
Annelie Reißnauer, Gisela Scheller, Ulrike Ernst, alle Goslar
   Anmerkung der Redaktion der GZ:
"Die Zeitung ist gehalten, bei Fotos das Geschehen wahrheitsgemäß wiederzugeben. Das heißt, weder durch Hinzufügen noch durch Hinwegnehmen eine Manipulation am Bild vorzunehmen. Das in der GZ am 20. Oktober abgedruckte Foto gibt genau den Teil der Sitzung und die Reaktion von Ratsherren wieder, in dem Herr Severitt seine Rede hielt."
   Anmerkung von mir:
Die Redaktion betont eine Selbstverständlichkeit, nämlich Bilder nicht zu manipulieren. Das Problem liegt in der Auswahl der abgedruckten Fotos, mit denen eine bestimmte Situation untermauert werden soll. In diesem Fall wurde nämlich ein Foto gemacht und ausgewählt, dass "genau den Teil der Sitzung und die Reaktion der Ratsherren wiedergibt" mit dem die Headline "Nur Adenauers Moskau-Reise fehlt" hämisch untermauert und das am besten geeignet schien, Severitt zu diskriminieren.
Man hätte, um wertneutral zu  bleiben, das Foto auch weglassen oder ein anderes drucken können...

Freitag, 26. Oktober 2012

Nachgetreten

Der Chefredakteur der GZ hat seine Berichterstattung vom 20.10. über die Bürgerversammlung zur Fusion Goslar/Vienenburg ergänzt, indem er heute schreibt, dass sich Heinz Severitt nicht zutreffend und unzureichend wiedergegeben fühlt.
   Heinz Severitt mag eigenwillig, ja sogar skurril sein. Aber er ist seit Jahrzehnten gewählter Ratsherr der Stadt Goslar. Es steht insbesondere einem Chefredakteur der GZ  nicht an, ihn öffentlich herabzusetzen und auf seine Feststellung, nicht als Ratsherr der Bürgerliste gesprochen zu haben, hämisch mit dem Nachsatz zu kommentieren:                                 "Eine Klarstellung, für die auch die Bürgerliste dankbar sein dürfte".
Ein unvoreingenommener und sachlicher Berichterstatter hätte den Artikel vor dem Nachsatz ohne Herabwürdigung beendet.
   Übrigens: Dem eigenwilligen und für einige vielleicht auch penetranten Nachhaken des Ratsherrn Severitt ist es auch mit zu verdanken, dass heute zwei Bauarbeiter damit begonnen haben, die Mauerreste der Klosterruine Georgenberg zu reparieren. Dafür sind wir Anlieger und sicherlich viele andere am Erscheinungsbild der Stadt Interessierte dankbar.

Donnerstag, 25. Oktober 2012

Bürgerbegehren in Osterode

Das Taktieren in Osterode um den Termin der Befragung der Bürger zur Kreisfusion macht mal wieder mehr als deutlich, wie sehr Politiker bei Bürger-/Volksbefragungen eine hohe Wahlbeteiligung fürchten müssen wie der Teufel das Weihwasser.
   Je mehr nämlich von der „Schweigenden Mehrheit“, der „Ist-mir-eigentlich egal-Fraktion“ oder den Zufallswählern zur Wahl gehen, desto schwieriger wird es, ein Bürgerbegehren erfolgreich zu gestalten oder abzulehnen, weil nur die eigenen Anhänger kalkulierbar und leichter mobilisierbar sind, während der Bürger, der unbekannte Wähler, alles zunichtemachen kann, wenn er sich anmaßt, ebenfalls zur Wahl zu gehen.  Je geringer die Wahlbeteiligung, desto größer die Chance für Minderheiten, ihre Interessen durchzusetzen, insbesondere wenn erkennbar ist, dass die Mehrheit der Bevölkerung eigentlich gegen ein durch die Politik beabsichtigtes Vorhaben stimmen könnte.
   Deshalb kann für Grüne und SPD in Osterode nicht sein, was nicht sein darf. Nämlich das Bürgerbegehren mit der Landtagswahl zu kombinieren. Spart zwar Geld, würde aber wahrscheinlich wegen der höheren Wahlbeteiligung die Chance der Gegner der Kreisfusion mit Göttingen erhöhen, eine Mehrheit zur Verhinderung der Kreisfusion mit Hilfe derjenigen zu erreichen, die am 02.12. wahrscheinlich nicht zur Wahl gehen werden.
   Es hat sich gezeigt, dass bei bisherigen Bürgerbegehren/Volksbefragungen regelmäßig  deutliche Minderheiten  der Wahlberechtigten die Mehrheit der abgegebenen Stimmen erhielten. Hört sich zwar paradox an, ist aber bei den Fundamentalisten in den politischen Strömungen Kalkül, weil sie mit der Wahlabstinenz der schweigenden Mehrheit rechnen. 

Mittwoch, 24. Oktober 2012

Winterzeit

Achtung deutsche Medien: Am nächsten Wochenende beginnt wieder die Winterzeit. Also wird es langsam Zeit, die Berichte aus der "Wiedervorlage" über Sinn und Unsinn der Zeitumstellung hervorzukramen und in epischer Breite darzustellen, wer und warum dafür oder dagegen ist und dass das arme Hausrind wieder völlig durcheinander gerät, weil sich Melk- und Futterzeiten verschieben, wobei es dem Rind völlig egal sein dürfte was die Uhr zeigt. Wenn das wirklich ein Problem wäre, müssten sich die Bauern und nicht die Tiere umstellen. 
Aber wir werden sicherlich auch nächste Woche, wie in den vergangenen 20 Jahren, mit dem abgelutschten Thema berieselt und  darüber belehrt, wie schlimm das wieder alles ist...

Vermögensbarometer

Auch das noch. Was für ein Schlag ins Kontor der Lobby aus der Hilfeindustrie. Da basteln die mit am Armutsbericht der Bundesregierung und wollen den Deutschen über die Medien suggerieren, wie schlecht sie sich zu fühlen haben und ein paar Tage später wird am 24.10.2012 auch in der GZ eine Umfrage der Woche veröffentlicht, nach der die Deutschen trotz Krise optimistisch sind und 82 % der Befragten davon ausgehen, dass sich ihre Situation in der nächsten Zeit nicht verändern wird.
   Ja, lesen die denn keine Zeitung ? Sehen sie nicht fern ? Dort hätten sie erfahren, dass sich ein Großteil von ihnen auf dem Weg in die Armut befindet. denn fast 20 Prozent der Deutschen sollen von Armut oder sozialer Ausgrenzung betroffen sein. Dumm nur: Lediglich 5,3 Prozent fühlen sich tatsächlich arm und ausgegrenzt*. Wie kann das denn sein? Hat die Lobby versagt? Zumal 91 % der Befragten ihre finazielle Situation als sehr gut/gut bzw. als "es geht" einstufen !
   Na bitte, die Lobby der Hilfeindustrie hat reagiert. Am 26.10. berichtete die GZ unter: "Ostdeutsche haben wenig Hoffnung für die Zukunft", dass die "Volkssolidarität" in ihrem "Sozialreport 2012" ein düsteres Bild für Ostdeutschland zeichnet. Demnach würden mehr als die Hälfte der Befragten demnächst keine Verbesserung in Bezug auf ihre soziale Sicherung, Gerechtigkeit oder Einkommensentwicklung erwarten.
   So widerspricht eine Studie der nächsten. Der kritische Leser lehnt sich zurück und denkt an Churchill, der bekanntlich empfahl, nur der Statistik zu glauben, die man selbst gefälscht habe...

*Stat. Bundesamt: Studie "Leben in Europa 2011"

Samstag, 20. Oktober 2012

Grundsicherung

Keine Frage: Dass es immer mehr volljährige Empfänger von Grundsicherung gibt, kann sich zu einem gravierenden sozialpolitischen Problem erwachsen. Die Frage ist nur, ob es bereits soweit ist.
   Die GZ und fast allen Print- und E-Medien haben am 18./19.10.2012 eine Meldung von dpa aufgegriffen und darüber berichtet, dass in Deutschland 844.000 Volljährige, davon 436.000 Rentner, Hilfe vom Staat erhalten, weil ihre Altersrente nicht reicht oder sie dauerhaft nicht arbeiten können.
Soweit, so schlecht.
Interessant ist jedoch, wie in dieser Meldung manipulativ mit Zahlen jongliert wird, um dramaturgisch das Problem zu überhöhen.
   Ich habe bereits an dieser Stelle über Gerd Bosbachs Buch „Lügen mit Zahlen“ berichtet, in dem dieser fachkundig und unterhaltsam die tägliche Manipulation durch die Medien mit Zahlen entlarvt. Bei dem Versuch zu relativieren, wurde auch in diesem Fall kräftig manipuliert.
Die Zahl der Empfänger ist tatsächlich um 5,9 % von 797.000 auf 844.000 gestiegen.
   Aber wie banal würde es klingen, wenn man den Anstieg im Verhältnis zu allen volljährigen Einwohnern deutschlandweit darstellen würde, das wären nämlich 0,07 Prozent, von 1,2 % auf 1,27 %!
   Weiter heißt es, betroffen seien insbesondere 32 von 1000 Frauen ab 65 Jahren in Westdeutschland und 19 von 1000 Rentnerinnen in Ostdeutschland und in Gesamtdeutschland wären 28 von 1000 Rentnerinnen und 22 von 1000 männlichen Rentnern betroffen.
   Wieso denn plötzlich ein Wechsel in der Darstellung der Zahlen? Um die Verhältnisse dramatischer erscheinen zu lassen als sie sind?
Denn: 
  • 32 von 1000 sind 32 Promille oder 3,2 Prozent
  • 19 von 1000 sind 19 Promille oder 1,9 Prozent
  • 22 von 1000 sind 22 Promille oder 2,2 Prozent
  • 28 von 1000 sind 28 Promille oder 2,8 Prozent
Natürlich hören sich Zahlen von 19, 22, 28 oder 32 o/oo dramatischer an als 1,9%, 2,2%, 2,8% oder 3,2 %. 
   Auch wäre es sicher informativ gewesen zu erwähnen, dass 436.000 Personen über 65 Jahre einem Anteil an allen über 65jährigen in Deutschland von 2,53 % entspricht.
Aber mit „kleinen“ Zahlen kann man schlecht dramatisieren. 
   Wenn in Deutschland nicht immer das Glas halb leer wäre, hätte man auch schreiben können:
„Der Anteil der Grundsicherungsempfänger in Deutschland hat sich 2011 gegenüber 2010 verschlechtert. Er stieg allerdings lediglich um 0,07 %, von 1,2 auf 1,27 % aller über 18jährigen.
Demnach benötigten 2011 
  • 98,73 % der Deutschen über 18 Jahre sowie
  • 97,47 % der über 65jährigen, davon
  • 98,8 % Männer und 
  • 98,2 % Frauen 
keine Grundsicherung.“
Man sieht, alle oben verwendeten Zahlen spiegeln mathematisch das Gleiche wider, in ihrer manipulativen Zielrichtung wirken sie jedoch höchst unterschiedlich. 
   Darüber hinaus würde eine positivere Darstellung auch nicht ins Konzept der Lobby für Sozialprobleme passen. Denn in Deutschland hat sich eine „Hilfeindustrie“ von Caritas bis Arbeiterwohlfahrt für Bedarfsempfänger etabliert, die jeden sechsten oder 97,5 Mrd.* Steuereuro kassiert und in der über zwei Millionen Sozialarbeiter, Pfleger und Helfer aller Art arbeiten. Das sind dreimal so viel Beschäftigte wie in der gesamten Automobilbranche zusammen. Die Hilfeindustrie ist Deutschlands größte Branche und deren Vorstände lachen sich über das Einkommen der Bundeskanzlerin kaputt, da sie mehr als doppelt so viel verdienen wie diese. Natürlich muss es in deren Interesse liegen, dass die sozialen Probleme in Deutschland so schwarz wie möglich gemalt werden, damit sich an den Verhältnissen nichts ändert.
 *Im Jahr 2011 wurden in Deutschland insgesamt 573,4 Milliarden Euro Steuern von Bund, Ländern und Gemeinden (Gebietskörperschaften) eingenommen.(Quelle: Statistisches Bundesamt)