Donnerstag, 28. April 2016

Sonntag, 17. April 2016

Böhmermann und der § 103 StGB in der GZ

Kolumne von Andreas Rietschel in der GZ vom 16.04.2016 
Da ich davon ausgehe, dass die Wenigsten, die sich bisher über Böhmermann geäußert haben, das Schmähgedicht und dessen Zusammenhang überhaupt kannten, erscheint es mir zunächst mal lobenswert, dass die GZ den Mut aufgebracht hat, Böhmermanns Beitrag, der für so viel Furore sorgt, im Wortlaut abzudrucken. Damit hat eine wesentlich breitere Leserschaft die Möglichkeit, sich ein Bild von der Ursache zu machen, die inzwischen zu einer Staatsaffäre aufgeblasen wurde. 
Ich glaube, es gibt dabei keinen Zweifel darüber, dass das sogenannte Schmähgericht weit unter die Gürtellinie geht. 
Andreas Rietschel liegt allerdings falsch, wenn er schreibt, dass sich „die Bundesregierung zu der Frage äußern musste“, ob die Dämlichkeit eines spätpubertierenden selbsternannten „Satirikers“ „über den türkischen Staatspräsidenten Erdogan den Straftatbestand der Beleidigung erfüllt“. 
Nein, muss sie nicht! Die Freiheit der Kunst endet dort, wo die Rechte anderer verletzt werden. Festzustellen, ob irgendetwas einen Straftatbestand erfüllt, ist bei uns Aufgabe der Justiz und - Gott sei Dank - nicht der Regierung und nicht der Politik! Auch nicht der Leserschaft der GZ wie Rietschel meint. Und deshalb liegt die Causa Böhmermann jetzt auch dort, wo sie hingehört. Jetzt entscheiden Richter und nicht Politiker, Journalisten, Schauspieler oder Künstler darüber, ob eine strafbewehrte Beleidigung vorliegt oder ob Böhmermanns Perversität Kunst ist
Auch übernimmt die Bundesregierung keine staatsanwaltlichen Aufgaben, wenn sie einer im Strafgesetzbuch vorhandenen Voraussetzung zustimmt, zumal das keine Rechts- sondern eine politische Entscheidung ist. Ob der Paragraph verstaubt und abzuschaffen ist oder nicht, auch darüber befindet bei uns nicht die Bundesregierung sondern die Gesetzgebende Gewalt, also der Bundestag. Fakt ist, der § 103 und der § 104a stehen im Strafgesetzbuch und sind damit geltendes Recht. 
Natürlich habe auch ich den großen Aufschrei aus der linkspopulistischen Ecke im Ohr, dass die Presse- und Meinungsfreiheit bedroht sei und es doch nicht angehen könne, dass der Despot Erdogan, der zu Hause genau diese missachtet, es wagt, auch bei uns deren Einschränkung zu fordern. Nein. Auch das tut er nicht. Er fühlt sich zu Recht in seiner Ehre verletzt. Und er hat, wie auch Rietschel feststellt, das Recht, sich zu wehren. 
Aber im Gegensatz zu Rietschel und Tucholsky bin ich nicht der Meinung, dass Satire alles darf, zumal sich jeder als "Satiriker" bezeichnen könnte, um seine perversen Unverschämtheiten zu rechtfertigen. Selbst Böhmermann betont in besagter ZDF-Neo-Sendung vom 31.03.2016, dass er "mit Satire nichts am Hut" habe und die Sendung "im weitesten Sinne keine Satiresendung sondern eher eine Quatschsendung" sei.
Man muss kein Erdogan Fan sein, um das zu verstehen. Es genügt ein Blick in das Grundgesetz. Und da bekanntlich nicht jeder ständig mit einem Grundgesetz unter dem Arm herumläuft und sich die meisten in der Regel immer nur auf den der ersten Absatz eines Artikels berufen, hier ein paar Fakten: 
Artikel 1 GG 
(1) Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. (Anm.: von Gesetzgebung, Regierungen und Justiz) 
(2) Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt. 
(3) Die nachfolgenden Grundrechte binden Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung als unmittelbar geltendes Recht.
Auch ein Despot ist ein Mensch ! Und ausgerechnet die, die sonst bei jeder Gelegenheit die Menschenrechte gefährdet sehen und Volksverhetzung schreien, fordern, die Würde eines (despotischen) Menschen zugunsten eines provozierenden Schmähgedichts zu missachten. 
Wie oben angeführt sind nach Art.1 Absatz 3 GG die nachfolgenden Grundrechte für staatlichen Organe bindend. 
Wäre da der Artikel 5 GG 
(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt. 
(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre. 
(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung. 
Es ist schon abenteuerlich, wie der linkspopulistisch dominierte Mainstream und die ihn Unterstützenden aus Politik und Medien aus dem Bauch heraus argumentieren. Es regieren großflächig laienhafte Unkenntnis und dümmliche moralische Argumente. Es ist mir unverständlich, warum diese bereit sind, jeden noch so unterirdischen und beleidigenden Schund in Fäkalsprache dem Begriff "Satire" zuzuordnen. Hier wird Beleidigung an Beleidigung gereiht. Es wird nicht überzeichnet, es wird nicht karikiert, es wird nur diffamiert. Und die, die permanent  über die Verrohung der Sprache und Argumente, insbesonder in den sozialen Medien debattieren und sich über gezeigte Galgen bei Demonstrationen entrüsten, die müssten auch entrüstet sein, wenn über Menschen Kübel von Unrat geschüttet werden. Auch über Despoten.
Böhmermanns Ausführungen liegen genau auf dem Niveau, auf dem immer häufiger in sozialen Medien und in Internetforen diskutiert wird. Der Unterschied liegt darin, dass die Einen es im Schutze der Anonymität des Internets verbreiten und B. im Schutz des ZDF, das auf die Quote schielt und sich insbesondere jüngeren Zuschauer anzubiedern versucht.
Ich möchte nicht wissen, was los wäre, wenn es einer wagen würde, unter dem Deckmantel einer selbsternannten Satire einem schwulen Politiker, Journalisten, Schauspieler oder Künstler in vulgärster Form öffentlich perverse Sexualpraktiken und Pädophilie und Sodomie zu unterstellen und in „böhmermänscher“ Manier auszubreiten. 
Und der Aufschrei wäre noch um eine Vielfaches größer, wäre der „Möchtegern-Satiriker“ nicht dem linken, sondern gar dem rechten Spektrum zuzuordnen. 
Aber auch in dieser Sache wird das alte deutsche „Totschlag-Spiel“ gespielt: Wer z.B. die Form der Zuwanderung kritisiert ist ein Nazi und wer Böhmermann und Konsorten kritisiert, ist gegen die Pressefreiheit. Was für ein Schmarrn.

Sonntag, 10. April 2016

Integrationszentrum Goslar. Bisher schon 223.000 Euro Miese

Integration kostet, meint die GZ. Ja. Insbesondere, wenn man schlecht verhandelt und man nicht auf den Euro gucken muss.
In Goslar wurde am 01.02.2016 ein Integrationszentrum für Migranten eröffnet, dass das erste seiner Art in Niedersachsen sein soll. Was als Aushängeschild für eine erfolgreiche Integrationsarbeit gedacht war, könnte sich als gewaltiger finanzieller Bumerang für den Landkreis Goslar erweisen.
Offensichtlich getrieben von dem Versuch, dem OB von Goslar zuvorzukommen und unter dem Druck der damals sich abzeichnenden Flüchtlingswelle, wurden zwischen dem Landkreis und den Betreibern des Integrationszentrums Goslar Verträge mit der heißen Nadel genäht.
Am 25.11.2015 titelte die GZ: „Musterzentrum soll im Kloster Grauhof entstehen“. Allerdings nicht der Landkreis Goslar, das Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft (BNW) preschte bei der Frage, wie Flüchtlinge besser integriert werden können, nach vorn und legte weitergehende Pläne für ein Muster-Integrationszentrum vor. Das pikante: Mit im Boot der OB von Goslar. Der Landkreis als Genehmigungsbehörde machte sofort deutlich, dass daraus wohl nichts werden würde, da er ein eigenes Integrationszentrum, plane.
Das ist nun in Betrieb und dürfte sich als Klotz am Bein für den Landkreis erweisen. Wie in der GZ vom 09.04.2016 nun nachzulesen ist, liegen die Fakten auf den Tisch. Der Landkreis hat schlecht verhandelt (verhandeln müssen?) und einen Vertrag geschlossen, mit dem er sich verpflichtet, für eine Vollbelegung des Zentrums in zwei Jahren 9.307.500 Euro zu zahlen. Inzwischen zeichnet sich aber ab, dass angesichts der zurückgehenden Flüchtlingszahlen das Integrationszentrum mit 300 Plätzen überdimensioniert sein dürfte. Zur Zeit sind von den 300 Plätzen nur 183 belegt und es dürften zukünftig eher weniger als mehr werden. Schon jetzt beträgt der tägliche Verlust nach Berechnung der Goslarschen Zeitung 4972,50 Euro. Seit dem 1. Februar soll er sich auf 223.000 Euro summiert haben.
Vor diesem Hintergrund wäre es sicher nicht ungeschickt gewesen, Dritte das Risiko tragen zu lassen, zumal die 110 Plätze in Grauhof einer realistischeren Kapazität für eine Dauerauslastung entsprochen hätte, wobei es dem Bildungswerk der Niedersächsischen Wirtschaft sicher ein Leichtes gewesen wäre, freie Kapazitäten aus anderen Regionen auszugleichen.
Aber der Landrat hat ja vollmundig erklärt, die Kosten für das Integrationszentrum würden aus der Pauschale des Landes von 10.000 Euro bezahlt, die jährlich pro Flüchtling überwiesen würden. Er sagte dazu: „Wir kommen mit dem Geld hin“, wie die GZ am 16.03. berichtete Wenn er sich da man nicht täuscht. Steht er immer noch dazu, wenn er für 300 Flüchtlinge zahlen muss, aber das Geld nur für wesentlich weniger überwiesen bekommt, nämlich für die, die tatsächlich hier sind? Wenn jetzt schon jeden Tag 5000 Euro fehlen und es täglich mehr werden?
Ich glaube kaum. Da werden noch sehr viel geschicktere Verhandlungen als bisher erforderlich, um den Ausfall zu kompensieren oder es kommen enorme Kosten auf uns vor Ort zu.
Nachsatz:
Wie die GZ am 26.04.2016 mitteilt, hat der LK Goslar nachverhandelt und eine Ersparnis von 1 Mio. Euro erreicht. Somit betragen dir Kosten über 2 Jahre "nur" noch:
                                                                                   8.307.500 Euro