Mittwoch, 24. September 2014

Leinenpflicht in Goslar - Amtsrichter vermeidet Präzedenzfall

Es stand leider nicht in der GZ, obwohl jemand von der schreibenden Zunft anwesend war. Gleichwohl wird der Verlauf eines Prozesses vor dem Amtsgericht Goslar insbesondere für Hundehalter interessant sein. Deswegen hier ein Gedächnisprotokoll.
  Am 18.09.2014 fand vorm Amtsgerichts Goslar ein Verfahren statt, in dem es um einen Einspruch gegen einen Bußgeldbescheid der Stadt Goslar ging. Dieser wurde erlassen, weil unsere Hündin Bella im Februar dieses Jahres im Köppelsbleek unangeleint mitgeführt wurde.
  Nach der SOG VO müssen in Goslar Hunde unter anderem in Grün- und Parkanlagen angeleint mitgeführt werden. Soweit so schlecht. Niemand kann nämlich in Goslar erkennen, welche Flächen als Grünanlagen im Rechtssinne  anzusehen sind. Für die Stadt Goslar gibt es eine Grünanlage im Köppelsbleek. Wer den Köppelsbleek kennt, muss sich verwundert an den Kopf fassen. Dort gibt es nicht mal eine Grünfläche, geschweige dann eine Grünanlage. Laut dem amtlichen Grundstücksnutzungsplan des Katasteramts Goslar besteht der Köppelsbleek ausschließlich aus naturgewachsenem und naturbelassenem Laubgehölz und ist damit als (kleines) Waldstück einzustufen.
  Diesen Umstand haben wir zum Gegenstand unseres Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid  der Stadt Goslar gemacht, was von der Stadt Goslar lapidar als "substanzlose Schutzbehauptung"  abgetan wurde.
   In der mündlichen Verhandlung vor dem Amtsgericht Goslar zitierte der vorsitzende Richter zunächst verschiedene Definitionen einer Grünanlage mit dem Ergebnis, dass eine solche dann gegeben ist, wenn es sich um "gärtnerisch angelegte Flächen mit Zierrasen, Ziersträuchern und Blumenrabatten handelt, die erkennbar gärtnerisch gepflegt werden und einen parkähnlichen Charakter aufweisen".
  Der Amtsrichter konnte beim besten Willen im Köppelsbleek keine Grünanalage erkennen. Für ihn ist es ein Waldstück. Darüber hinaus könne man seiner Meinung  nach in der zunehmend verwahrlosten Stadt  auch keine anderen gepflegten Grünflächen geschweige denn Grünanlagen finden. Statt Bußgelder zu verhängen, solle die Stadt lieber die Grünflächen so pflegen, dass deren Charakter als Grünanlage für jedermann deutlich würde.
  Leider konnte sich der Amtsrichter nicht zu einer grundsätzlichen Entscheidung durchringen. Zwar  sei seiner Ansicht nach der Köppelsbleek ein „Stadtwaldstück“ und keine Grünanlage  und deswegen sei eigentlich ein Freispruch angebracht, zu dem er auch tendiere, aber er könne sich dazu mit Blick auf den damit zu schaffenden Präzedenzfall nicht entscheiden, weil das Berufungsfälle auslösen würde. Deshalb stelle er das Verfahren auf  Kosten der Staatskasse ein. (AZ.: NZS 24 A OWi 910 JS 33341/14).
  Wenn der Verfasser der Bußgeldbescheide uns vor diesem Hintergrund süffisant eine "substanzlose Schutzbehauptung" unterstellt, deutet das eher auf "substanzlose Fachkenntnisse" seinerseits hin. Da ich davon ausgehe, dass ihn sein als Zeuge geladener Mitarbeiter über die Ausführungen des Amtsrichters informiert hat, wäre er gut beraten, sich schon mal mit den strafrechtlichen Folgen der „Verfolgung Unschuldiger“ vertraut zu machen und seine Mitarbeiter darauf hinzuweisen, welche Folgen „Falsche Verdächtigungen“ nach sich ziehen können, wenn sie weiterhin Hundehalter im Köppelsbleek wegen Verstoßes gegen die Leinenpflicht anzeigen.
Nachtrag: Heute, 14.10.2014, erschien unter der Rubrik "Aus dem Amtsgericht" entsprechender Artikel: Hundeklos im "Nationalpark Goslar" - Richter und Ratsvorsitzender stellt Verfahren wegen Verstoßes gegen Leinenpflicht ein.

Samstag, 6. September 2014

Dobrindt und die Maut

GZ vom 05. und 06.09.2014
Bundesverkehrsminister Dobrindt (CSU) droht ein Debakel, weil die von ihm geplante PKW-Maut auf allen Straßen wohl so nicht eingeführt wird, meint Christian Kerl in der GZ. Er sei ein Verlierer.
   Wenn er sich da mal nicht irrt. Seehofer und Dobrindt sind Bayern. Bauernschlau und schlitzohrig. Sie wussten, dass die Maut ein ungeliebtes Kind in Restdeutschland ist. Deshalb warfen sie in der Sommerpause den Mautgegnern in Medien und Politik einen Knochen namens "Einführung einer Maut auf allen Straßen" hin, über den diese mit wütendem Geheul willfährig herfielen und ihn wie geplant bis auf die BAB-Maut genüsslich abnagten.
   Seehofer und Dobrindt lachen sich ins Fäustchen. Während Medien und Politik triumphieren, weil sie fälschlicherweise glauben, das Schlimmste verhindert zu haben, sind sie den beiden auf den Leim gegangen und Seehofer und Dobrindt setzen ihre ach so ungeliebte BAB-Maut ohne größeren Widerstand durch.