Freitag, 10. Januar 2014

Hitzlsperger und die Normfrage

Auch in der GZ war/ist Hitzlsperger Thema des Tages, zu dem verschiedene Meinungen abgedruckt wurden.
   Reinhard Urschel  weist in einem Leitartikel der HAZ darauf hin, dass die  „New York Times“ von sich behauptet, sie drucke alle Nachrichten, die es Wert seien, gedruckt zu werden. Die Frage sei aber, welche Nachricht es wert sei, gedruckt zu werden und weshalb?
   Wäre es daher für die "New York Times" eine Nachricht, wenn  sich ein guter, aber nicht sonderlich populärer Fußballer nach Abschluss seiner Karriere zu seiner Homosexualität bekennt? Wahrscheinlich nicht.
   Anders in Deutschland. Dort würde dem Outing breitester Raum gewährt. Radio und Fernsehen hätten im Stundentakt berichtet, als habe ein politisches oder ein seismisches Beben die Erde erschüttert.
   Man müsse den Eindruck gewinnen, als gebe es in Deutschland nichts Wichtigeres als das sexuelle Befinden eines Thomas Hitzlspergers. Dabei dürfte bei dem Hype um dieses Thema eine wesentliche Rolle spielen, dass das Outing eines aktiven Fußballers von den Medien förmlich herbeigeschrieben und herbeigeredet würde.
   Folge man den Medien, seien angeblich in Deutschland gleichgeschlechtliche Vorlieben keineswegs anstößig und nur noch im Männerfußball ein Tabu.
   Kein Wunder, dass die Medien diese Auffassung verbreiten, wimmelt es doch dort und bei den von ihnen überproportional hoffierten Modeschöpfern, Spaßmachern, Friseuren, Fersehkommissarinnen, Fersehmoderatorinnen und Sonstigen aus dem Showbiz von Leuten, die  in entsprechenden Magazinen und Talkshows ihre gleichgeschlechtlichen Liebesbeziehungen ausgiebig darstellen dürfen und als mutige Vertreter ihrer Sache gefeiert werden.
   Urschel fragt meiner Meinung nach zu Recht, ob nicht vielleicht die Grundannahme falsch sei. Dass womöglich der Umgang mit schwulen Politikern, schwulen Künstlern, schwulen Medienschaffenden, Modeschöpfern, Friseuren und lesbischen Sportlerinnen gar nicht so entspannt ist, wie nach außen immer getan und von den Medien suggeriert wird. 
   Vielleicht habe nur der mediale Meinungsdruck dazu beigetragen, dass die Menschen lieber schweigen, als  ihr Unbehagen zu äußern. Nicht ihr Unbehagen darüber, dass Menschen schwul seien  und eine gleichgeschlechtliche Lebensform bevorzugen würden, sondern darüber, dass die sexuelle Orientierung einer schrillen Minderheit  der breiten Mehrheit ständig als besonders lebenswert eingehämmert werden soll.
   Nach Urschel sei es für viele Kommentatoren und so genannter Experten das Normalste der Welt, dass ein junger Mensch seine homosexuelle Neigung der Welt kundtut und er fragt, ob es nicht eher umgekehrt sei und es der Normalfall wäre, wenn darüber nicht auf Titelseiten und in Hauptnachrichtensendungen berichtet würde, weil es eben „normal“ sei.
Recht hat er.

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