Eine E-Mail
mit fatalen Folgen (aus der HAZ)
Ein hoher Beamter im Landesbergamt könnte seinen Job verlieren: Er hat
Goslars früheren Oberbürgermeister Henning Binnewies
bedroht. Seine kompro- mitierenden E-Mails hatte er während der Dienstzeit verschickt.
Für einen hochrangigen
Landesbeamten geht es heute vor dem Verwaltungsgericht in Braunschweig um
seinen Beamtenstatus, das Land will ihn loswerden. Der Jurist beim
Landesbergamt (LBEG) ist seit dem Kommunalwahlkampf in Goslar im vergangenen
Jahr eine schillernde Figur: Eine kurze E-Mail an den inzwischen abgewählten Oberbürgermeister Henning Binnewies
(SPD) löste im
Januar 2011 eine Schlammschlacht in der Harzstadt aus, hatte zunächst Ermittlungen der
Staatsanwaltschaft gegen den Absender zur Folge - und nun auch das
Disziplinarverfahren. Das Land hat Klage mit dem Ziel erhoben, den Beamten aus
dem Dienstverhältnis zu
entfernen, wie ein Gerichtssprecher am Mittwoch bestätigte. Er hatte die Mail während der Dienstzeit von seinem
Dienstrechner aus verschickt.
In der Nachricht an OB Binnewies bezeichnete der Regierungsrat,
der selbst eine Unabhängige Wählergemeinschaft aufbauen wollte,
das umstrittene Stadtoberhaupt als „Sonnenkönig“ und forderte Binnewies zum Rücktritt auf. Ansonsten werde er
eine Kampagne gegen den OB starten, Plakate und Flugblätter verteilen. Außerdem drohte der Regierungsrat
dem Oberbürgermeister
eine Strafanzeige an. Binnewies revanchierte sich mit einer Anzeige. Außerdem informierte er den
Vorgesetzten beim LBEG.
Die E-Mail des Beamten erwies sich damit endgültig als große Torheit. Im Laufe der
Ermittlungen kamen eine ganze Reihe von weiteren Ungereimtheiten ans Licht, die
das Land dem 54 Jahre alten Regierungsrat als Dienstvergehen ankreidet: Weil
die Staatsanwaltschaft den Rechner des Juristen beschlagnahmte, fiel auf, dass
der Beamte nicht nur die eine E-Mail während der Dienstzeit verschickt hatte. Außerdem kam heraus, dass er während der Arbeitszeit die Flugblätter gegen Binnewies erstellt
hatte, sowie ein Konzept für die neue Wählergemeinschaft.
Außerdem hat
der Beamte, der beim LBEG unter anderem für die juristische Betreuung der Genehmigungsverfahren für das Atommülllager in Gorleben zuständig war, Schriftsätze für die Anwaltskanzlei seiner Frau
verfasst. Mehrere Hundert private Dateien fanden die Ermittler auf der
Festplatte des Dienst-PCs, darunter eine Reihe von Schriftsätzen für die Kanzlei der Ehefrau. Schließlich wirft das Land dem Mann vor,
Dienstreisen zu seinen Gunsten falsch abgerechnet zu haben.
Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft Braunschweig wurden zwar
wegen geringer Schuld eingestellt. Dafür lebte das Disziplinarverfahren in der Folge wieder auf. Der
Beklagte hat die Vorwürfe
weitgehend eingeräumt. Wenn es
schlecht läuft für den 54-Jährigen, verliert er seinen
Beamtenstatus, er könnte aber
auch degradiert werden.
Nach Angaben des Verwaltungsgerichts geht es heute im Kern darum,
ob er für seine
Vergehen verantwortlich gemacht werden kann. „Es ist unklar, ob er schuldfähig ist“, sagte ein Sprecher. Ein
Amtsarzt soll gehört werden.
Dem Juristen wurde laut Gericht eine psychische Erkrankung attestiert, weshalb
er zu großen Teilen
schuldunfähig sein
soll.
Das wiederum dürfte Generationen von Juristen hellhörig machen, die mit dem Ergebnis
ihrer Prüfungen nicht
einverstanden sind. Der Regierungsrat hat jahrelang Staatsexamina abgenommen -
eine psychische Erkrankung des Prüfers könnte ein
Anfechtungsgrund sein. Interessant dürfte auch werden, wie das Gericht den Vorwurf der falschen
Abrechnung von Dienstreisen wertet: Der 54-Jährige hat eine Regelung angewendet, die jüngst der Steuerzahlerbund als „missbrauchsanfällig“ kritisiert hat. Das
Wirtschaftsministerium hat sie erst in diesem Sommer auch für das LBEG als verbindlich eingeführt, nachdem die Praxis durch das
Disziplinarverfahren aufgefallen war.
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