Mittwoch, 14. Januar 2015

"Lügenpresse"

Fragwürdiges Schweigen – Leitartikel von Armin Maus in der GZ vom 14.01.2015

In einer noch nie gelesen Selbstreflexion geht Armin Maus in seinem Leitartikel mit seinem eigenen Berufsstand kritisch ins Gericht. Er räumt ein: „Wir Journalisten sind sicher nicht Papst und schon gar keine Heiligen. Wir versuchen, uns ein Bild von den Dingen zu machen und darüber fair zu berichten. Aber weder wir wissen alles, dass sich zu wissen lohnt, noch verstehen wir immer zur Gänze, was verstanden werden sollte“. 
   Und er räumt ein, dass natürlich jeder von ihnen „eine persönliche Geschichte, Vorlieben, Wurzeln und ein prägendes Umfeld hat. Was er vergessen hat, ist zu erwähnen, dass eine Studie der Freien Universität Berlin zum Thema „Politjournalismus“ beweist: Deutsche Journalisten stehen links und wollen Politik und ihre Leser beeinflussen. Deshalb klafft seit Jahren eine gewaltige Lücke in der Berichterstattung der „Qualitätsmedien“ zwischen der öffentlichen und der veröffentlichten Meinung. 
   Kritik daran wurde ausgeblendet oder wurde achselzuckend hingenommen. Konnte doch in der „Vor-Internetzeit“ niemand Abweichendes ohne „Medienfilter“ verbreiten. Aber das ist vorbei. Die Medien haben völlig übersehen, dass man im Zeitalter von "Flipboard" und "HuffPost" nicht mehr zeitraubend ganze Zeitungsberge durchblättern muss, um auf einseitige Berichterstattungen zu stoßen. Da genügt ein Klick und man hat, was man sucht. 
   Spätesten mit der Ukrainekrise gerieten die Medien zunehmend in die Kritik. Aber Rügen des ARD-Programmbeirates an Teilen der Berichterstattungen als "fragmentarisch", "tendenziös", "mangelhaft" und "einseitig“ oder das Interview von Alfred Schier mit Gabriele Krone Schmalz im NDR oder das Buch von Udo Ulfkotte „Gekaufte Journalisten“, blieben in den Tagesmedien weitgehend unbeachtet.
 
Heute der Leitartikel und gestern Abend, zu später Stunde für möglichst wenig Öffentlichkeit, in den Tagesthemen, nun erstmals der Versuch einer selbstkritischen Rechtfertigung. Caren Miosga sagte in ihrer Anmoderation u.a.: „Das heißt nicht, dass der Journalismus unantastbar wäre. Selbstverständlich haben auch wir die Wahrheit nicht gepachtet. Wer Medien allerdings der Lüge bezichtigt, der unterstellt, dass wir mit Vorsatz falsch berichten würden und das ist ziemlich absurd und infam“. Und im Bericht heißt es, nicht nur bei der Pegida-Bewegung stünden Journalisten am Pranger. Wut und Empörung auf etablierte Medien mache sich breit. Der Vorwurf: Nicht nur der Mainstream habe die Glaubwürdigkeit sondern die Medien hätten das Vertrauen verloren. Konkret: Es würde durch Unterlassung gelogen. 
Kai Gniffke, Chefredakteur ARD-Aktuell, räumt ein: „Ja wir haben es mit einer großen Flut von kritischen Anmerkungen zu unseren Sendungen zu tun. Das ganze dient möglicherweise auch dazu, unsere Glaubwürdigkeit zu erschüttern. Aber meine Einschätzung ist, dass die Menschen sehr wohl sehen und einschätzen können, wem sie ihr Vertrauen schenken“. Und weiter: Millionen würden weiterhin die Nachrichten der ARD einschalten. Aber, es formiere sich auch eine Gegenöffentlichkeit. In Internetforen und WEB-Sendungen würden Kritiker ihre Medienverdrossenheit ausdrücken. Wer will, bekäme eine Plattform und wer möchte, fände auch beim Suchen schnell Bestätigung seiner eigenen Medienkritik.  


Diese Medienkritik verpuffte bisher ohne erkennbare Wirkung. Erst 25.000 Dresdner, von denen viele „Lügenpresse“ skandierten, ohne dass ihnen sicherlich die nunmehr krampfhaft ausgegrabene historische Wurzel dieses Begriffes bewusst war, schafften es binnen weniger Wochen, die Medien aufzuscheuchen.
   Und wer die Versuche erlebt hat, möglichst die größten Deppen einer Kundgebung vor die Kamera zu zerren, um bestehende Vorurteile bestätigt zu bekommen oder dass Journalisten undercover in Pegida Aufmärsche eingeschleust wurden, um so sonst fehlende rechtsradikale Thesen einfangen und senden zu können, muss einfach Wut empfinden.
   Und wenn Armin Maus meint, dass Journalisten nicht wüssten, was sich hinter Pegida verberge, wie wäre es dann, wenn sie sich mal wieder auf ihr Handwerkszeug, die Recherche besinnen? Mal von ihren Computern und ihren Bürostühlen weg auf die Straße begeben, um ausnahmsweise mal der Mehrheitsgesellschaft auf´s Maul zuschauen, zuzuhören und nicht nur Randgruppenprobleme aufzubauschen?  Auch Medien, die immer noch glauben, Instititionen, Behörden, Verbände oder eben Gruppierungen wie z.B. Pegida hätten eine "Nachrichtenbringschuld" oder die auf vorgegebene DPA-Meldungen warten, um diese widerzukäuen, die werden heute auf Dauer niemanden mehr überzeugen, um bei Armin Maus zu bleiben.
   Zwei Dinge hat Pegida (was für ein bekloppter Name) durch provokantes Auftreten geschafft. Das Thema Einwanderung ist so stark wie noch nie wieder in den politischen Focus gerückt und die Medien gucken erschrocken in den vorgehaltenen Spiegel.

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